Kandern Wird Ausbau gefördert?

Markus Adler
Keine Chance verpassen möchte die IG „Pro Kandertalbahn“ bei einer möglichen Reaktivierungsentscheidung. Foto: Beatrice Ehrlich

Bei der Kandertalbahn verlangen die Interessengemeinschaft (IG) und der grüne Abgeordnete Josha Frey, dass der Landkreis die sehr günstigen Fördermöglichkeiten für die Reaktivierung nutzt.

Die Diskussion um die Reaktivierung der Kandertalbahn kommt in Gang. In einer Pressemitteilung melden sich sowohl die Interessengemeinschaft (IG) „Pro Kandertalbahn“ als auch der grüne Landtagsabgeordnete Josha Frey zu Wort. Sie fordern beide den Landkreis Lörrach auf, die aktuell günstigen Rahmenbedingungen für eine Reaktivierung zu nutzen.

Der Landkreis lässt durchblicken, dass er bei der Elektrifizierung der Hochrrheinbahn und dem Ausbau der Garten- und Wiesentalbahn andere Erfahrungen in Sachen Förderung gemacht habe. Die fast vollständige komplette Übernahme des Infrastrukturausbaus durch Dritte entspreche „nicht unseren Erfahrungen“, heißt es aus dem Landratsamt.

Markus Kern bringt die aus Sicht der IG zu zögerliche Haltung des Landkreises Lörrach so auf den Punkt: „Noch vor der Präsentation der Ergebnisse der Ingenieurstudie kursieren bereits jetzt seit Anfang Mai Schreiben in der Verwaltung, die ein Ende der Untersuchungen einer Reaktivierung fordern, obwohl man die S-Bahn quasi geschenkt bekommt.“

IG sieht deutliche Mängel beim SMA-Gutachten

Die IG erneuert ihre Kritik am SMA-Gutachten von 2022, das nach inzwischen geänderten Bewertungskriterien einen ungünstigen Nutzen-Kosten-Faktor von 0,28 ergeben hatte. Insbesondere die Erstellungkosten für die Strecke seien fast doppelt so hoch angesetzt, außerdem wurden einige Rahmenbedingungen wie Reaktivierungskosten und Fahrtzeit nicht optimiert dargestellt, um ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen. Außerdem werde das Fahrgastpotenzial nur für den reinen Streckenabschnitt zwischen Haltingen und Kandern betrachtet. Vielmehr sei es aber notwendig. Pendlerströme nach Weil oder bis nach Basel zu betrachten.

Ingenieurbericht vom gleichen Büro

Die IG hätte sich ein anderes Büro für den vertiefenden Ingenieurbericht gewünscht, der Ende Juni im Landratsamt den Mitgliedern der Arbeitsgruppe S-Bahn vorgestellt worden sei. Insbesondere die Zusage des Landes, dass 99 Prozent der Reaktivierungskosten übernommen würden und die Betriebskosten bei einem positiven Nutzen-Kosten-Faktor größer eins seien bislang nicht berücksichtigt worden. Außerdem seien die Fahrtzeiten des alternativen Buskonzepts angesichts der täglichen Verkehrslage sehr knapp kalkuliert.

Frey: Buszeiten sind zu optimistisch angesetzt

Der grüne Landtagsabgeordnete Josha Frey fordert die Entscheidungsträger auf, die positiven Äußerungen von Ministerialdirektor Berthold Frieß vom Stuttgarter Verkehrsministerium beim Jubiläum der S-Bahn in Lörrach aufzugreifen. „Die Signale für die Reaktivierung stehen seitens des Landes auf Grün“, sagt der Politiker und wünscht sich, dass die Verantwortlichen die Weichen so stellen, dass das Projekt vorankommt. Und zwar möglichst bald, da die Rahmenbedingungen gerade günstig seien.

Gleichzeitig sieht auch er Nachbesserungsbedarf im Gutachten: Das Buskonzept zwischen Kandern und Basel berücksichtige zu optimistische Fahrzeiten. „Die Reisezeit ist ein wesentlicher Faktor für die Berechnung des Nutzen-Kosten-Faktors und so entscheidend für die Förderfähigkeit des Projekts“, so Frey und fordert eine Korrektur der Annahmen, denn 36 Minuten für eine Fahrt über die B 3 per Bus seien unrealistisch.

Statt zwei Züge pro Stunde nur einer zu erwarten

Auch beim Betriebskonzept in der Machbarkeitsstudie sei ein Halbstundentakt angesetzt worden, was angesichts der zu erwartenden Fahrgastzahlen von weniger als 2500 vom Land nicht bestellt werden wird. Frey geht vom Stundentakt aus, für den kein Ausweichgleis gebraucht werde. So würden auch die Investitionskosten günstiger, sagt der Abgeordnete.

„Belastbare Aussagen“

Der beauftragte Ingenieurbericht nach den aktualisierten Bewertungskriterien 2016 plus sei laut Landkreis Lörrach bereits intern besprochen worden. „Den Ergebnissen wollen wir eine große Aufmerksamkeit widmen, da alle Beteiligten belastbare Aussagen brauchen“, schreibt Pressesprecherin Mai Kim-Lam. Wegen der Förderung stehe der Landkreis in Korrespondenz mit dem Verkehrsministerium, wie es auch von der IG „Pro Kandertalbahn“ gewünscht wurde.

Der aktuelle Stand der Förderbedingungen solle in den Gremien beraten werden – vermutlich im Oktober im Kreis-Umweltausschuss. Dazu solle das Verkehrsministerium eingeladen werden, um sich auszutauschen und zu einem gemeinsamen Verständnis zu gelangen. Die Betriebsfinanzierung sei ein anderes Thema – hier sei nach Landesstandard ein Stundentakt zu erwarten.

Befürworter sehen Zeichen

Bei der Feierstunde zum 20-jährigen Bestehen der S-Bahn in Lörrach ließ Ministerialdirektor Berthold Frieß vom Stuttgarter Verkehrsministerium aufhorchen, denn er erwähnte ein Schreiben an Landrätin Marion Dammann, in dem eine 99-prozentige Förderung für eine S-Bahn Kandertal zugesagt wird. Darauf bezieht sich die IG „Pro Kandertalbahn“ in ihrer Pressemitteilung. Bei einer früheren Untersuchung von reaktivierbaren Strecken im Land 2020 war die Kandertalbahn zunächst nicht in die engere Auswahl gelangt. Deshalb wurde die vergleichsweise starke politische Unterstützung für die Kandertalbahn in Befürworterkreisen als klares Zeichen gewertet, dass das Land sich auch für die Reaktivierung einsetzen möchte.

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